Der Wehrbeauftragte blickt auf das vergangene Jahr zurück. Dies und vieles mehr zur Bundeswehr lest ihr in unserer neuesten Ausgabe von „Bundeswehr aktuell“.
Was gibt es Neues bei der Bundeswehr? Wir liefern euch eine Zusammenfassung aller wissenswerten Geschehnisse der letzten Woche, die unsere Streitkräfte betreffen.
Bericht des Wehrbeauftragten
Dr. Hans-Peter Bartels ist als Wehrbeuftragter des Deutschen Bundestages verantwortlich für die parlamentarische Kontrolle der deutschen Streitkräfte und gleichzeitig so etwas wie der „Anwalt“ aller Soldaten der Bundeswehr. In dieser Funktion erhält er zahlreiche Zuschriften von Soldaten, die auf Missstände oder andere Probleme aufmerksam machen wollen. Des Weiteren macht er sich durch ständige Truppenbesuche ein aktuelles Bild von der Truppe und fasst seine Eindrücke jährlich in einem Bericht zusammen.
Der Wehrbeauftragte hat in seinem Bericht für das Jahr 2016 deutlich gemacht, wie gravierend die Mängel hinsichtlich Material, Personal und anderen Angelegenheiten bei der Bundeswehr sind und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Zwar lässt der Bericht eine Trendwende in der Politik und in den Riegen des Verteidigungsministeriums erkennen, angesichts der parallel dazu steigenden Einsatzbelastung kommt von diesen Änderungen bisher jedoch nicht viel bei den Soldaten an.
Besonders schwerwiegend sind die Mängel beim Thema Personal. Durch zahlreiche Reformen wurde die Bundeswehr auf einen Tiefststand von 166.500 aktiven Soldaten zusammengeschrumpft. So wird der ohnehin schon seit Jahren vorherrschende Personamangel in den bereits vorhandenen Org-Bereichen durch die Schaffung neuer Strukturen, wie dem Cyber-Bereich, noch verstärkt. 14300 zusätliche Dienstposten wären nötig um diese Lücken zu schließen. Geplant ist jedoch lediglich ein Aufwuchs um 7.000 Stellen und das erst bis 2023. Dazu kommt ein Bedarf von 4400 Mitarbeitern im zivilen Bereich. Daraus ergibt sich eine erhöhte Belastung für die Soldaten der Bundeswehr, von der die Marine am stärksten betroffen ist. Trotz einem Anteil von lediglich 10 Prozent an der Gesamtzahl der Soldaten unserer Streitkräfte stellte die Marine im vergangenen Jahr bis zu 25 Prozent der Soldaten im Einsatz. Dies führte zu einer Belastung von bis zu 280 See- und damit heimatfernen Tage bei einem angestrebten Soll von lediglich 180 Tagen. Besserung ist angesichts der steigenden Anzahl an maritimen Einsätzen der Bundeswehr nicht in Sicht. Doch auch alle anderen Teilstreitkräfte sind mit einem Besetzungsgrad von unter 50 Prozent bei bestimmten Verwendungsreihen hoffnungslos unterbesetzt. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Ausbildungskapazitäten aus und führt zum Beispiel bei der Umstellung auf das neue Schießausbildungskonzept zu erheblichen Problemen. Inwiefern sich die verstärke Personalgewinnung, zum Beispiel mit der YouTube-Serie „Die Rekruten“, auf die Personalsituation auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Auch beim Thema Material stellt der Wehrbeauftragte weiterhin tiefgreifende Einschnitte fest. So steht immer noch erst ein Bruchteil der für den Lufttransport benötigten Flugzeuge A400M zur Verfügung. Durch Verzögerungen bei der Auslieferung und der Nachrüstung ergibt sich ein Verfügungsbestand von lediglich 45 Prozent. Dies führt dazu, dass man bei Flügen nach Afghanistan oft auf den amerikanischen Lufttransport zurückgreifen musste, welcher durch schwere Planbarkeit vielen Soldaten lange Wartezeiten bescherte. Auch die schleppende Auslieferung des Schützenpanzers Puma soll erst 2024 abgeschlossen sein, was einen Fortbetrieb des bisherigen Schützenpanzers Marder erforderlich macht. Des Weiteren führt die Außerdienststellung alter Fregatten zu einem Mangel an einsatzfähigen Schiffen bei der Marine. Die Bestellung fünf weiterer Korvetten vom Typ K130 soll hier Abhilfe schaffen. Doch nicht nur bei den Hauptwaffensystem ist die Lage prekär, auch bei der Ausrüstung für Ausbildung, Übung und Einsatz. Dies betrifft auch die Munitionsbestände, was dazu führt, dass Schießübungen aufgrund von Munitionsmangel teilweise nicht durchgeführt werden konnten. Schuld an der Problematik tragen ein Mangel an Rüstungsausgaben und die teilweise Auslagerung der Instandsetzung in die Industrie.
Weitere Probleme ergeben sich bei der Umsetzungsdauer von Kasernenprojekten und anderen Mängelen im Bereich der Infrastruktur.
All diese Missständen lassen sich nur durch eine Beschleunigungsinitiative bei der Trendwende und einem Mentalitätswandel in der Bundeswehr beheben.
Mali-Einsatz verlängert
Wie wir bereits berichteten, ist seit einiger Zeit die Ausweitung der UN-Mission in Mali geplant. Die Aufstockung des Kontingents dieser Friedensmission von 650 auf maximal 1000 Bundeswehr-Soldaten wurde nun vom Bundestag beschlossen. Damit übertrifft der Einsatz zahlenmäßig den Einsatz Resolute Support in Afghanistan und wird so zum größten der Bundeswehr. Gleichzeitig birgt er auch das größte Gefahrenpotenzial für die Soldaten, da sich die Sicherheitslage in dem westafrikanischen Land in letzter Zeit eher verschlechterte. Um diesem Risiko gerecht zu werden, wird den dort eingesetzten Soldaten ab sofort auch der höchste Zuschlag für Einsätze in Krisengebieten gewährt. Der Auftrag der Bundeswehrsoldaten ist die Sicherung des bröckelnden Friedens zwischen Tuareg-Rebellen und der Regierung im Rahmen der UN-Stabilisierungsmission MINUSMA. Doch auch Terrororganisationen wie Boko Haram versuchen unter Anderem durch Selbstmordanschläge Chaos zu stiften und das ehemalige Vorzeigebeispiel für Demokratie in Westafrika zu destabilisieren.