Hyperinflation in der Türkei! Das Ende der Lira?

Hyperinflation in der Türkei! Das Ende der Lira?

Per Definition bedeutet das Wort Inflation, dass der Warenwert bei gleichbleibender Geldmenge sinkt, umgangssprachlich also, dass „alles teurer“ wird. Gerade in der Türkei und der Landeswährung Lira ist die Situation aktuell besonders prekär. Wie es dazu kommen konnte und was die Folgen sind, erfahrt ihr im heutigen Artikel.

78,62%. Das ist der Prozentsatz um die sich die Lebenshaltungskosten im Vergleich zum letzten Jahr in der Türkei erhöht haben. Damit steigt die Inflation unaufhörlich weiter: Während diese im März noch bei 61,14% betrug droht sie nächsten Monat sogar die 80% zu durchbrechen – ein Abbild einer katastrophalen makroökonomischen Planung.

Erdogan als Verursacher der Inflation?

Der ursprünglich als Demokrat gewählte, spätestens aber seit einem vereitelten Militärputsch im Jahr 2016 eher autokratisch agierende Präsident Erdogan mischt sich seit mehreren Jahren in viele Bereiche ein, die vorher vom Staat unabhängig agieren konnten. Gerade am Beispiel der nationalen Notenbank, wird jedoch deutlich, dass Erdogan kein Ökonom ist. Eine Notenbank ist für die jeweilige Geldpolitik eines Landes verantwortlich und hat somit auch die Verantwortung zur Kontrolle der Inflation inne. Um diese zu bremsen, erhöhen Notenbanken oft den Leitzins, steigern somit die Kosten von Krediten. Da im Umkehrschluss dann weniger Geld im Umlauf ist, wird auch weniger Geld ausgegeben. Allerdings wurde in der Vergangenheit jeder Notenbankchef, der versucht hat den Leitzins zu erhöhen, von Erdogan entlassen. Laut ihm und seiner eigenen Theorie sind es nämlich gerade die hohen Zinsen, die zu Inflation führen würden. Daher beruft er sich auf das islamische Recht des Zinsverbots und ruft die Bürgerinnen und Bürger in der Türkei dazu auf, die Landeswährung Lira durch das Auflösen der eigenen Goldreserven zu stärken. Obgleich der Wünsche ihres Präsidenten haben jedoch viele Türkinnen und Türken mittlerweile ein zweites Bankkonto mit einer Fremdwährung wie Dollar oder Euro. Sobald sie ihren Lohn in Lira erhalten, tauschen sie diesen in eine ausländische, meist stabilere Währung um. Der Geldpolitik der Notenbank ist dies allerdings ein Dorn im Auge, da Fremdwährungen einerseits nicht von ihr beeinflusst werden können und andererseits so der Handlungsspielraum in Bezug auf die eigene Währung weiter eingeschränkt wird.

Was ist der Ursprung der Inflation in der Türkei?

Obgleich man Erdogan grobes Missmanagement in Bezug auf die Geldpolitik vorwerfen kann, sind die Gründe tiefgehender (und globaler). Dazu gehört unter anderem die Corona-Pandemie, was wiederum in fehlenden Einnahmen durch den Tourismus resultierte. Ein Rückgang in den Einnahmen des Landes ließ in der Vergangenheit immer wieder ausländische Investoren zögern größere Investments in der Türkei zu machen. Und nicht zuletzt stiegen durch den russischen Angriff auf die Ukraine die Preise für Energie und Rohstoffe und sorgten zudem für erhebliche Verzögerungen in internationalen Lieferketten, was zu einer Senkung der Produktionskapazitäten führte. Entgegen dem üblichen volkswirtschaftlichen Verhalten hat die türkische Notenbank die Zinsen jetzt trotz hoher Inflationsraten sogar noch einmal gesenkt.

Wie geht es weiter?

Grundsätzlich ist es schwierig einen Ausweg aus der Inflation zu finden, was man zuletzt an einigen südamerikanischen Ländern wie Venezuela oder El Salvador beobachten konnte. Sollte die Notenbank jedoch jetzt akut die Leitzinsen anzuheben, könnte das wiederum schlechte Auswirkungen auf das kurzfristige Wachstum der Volkswirtschaft haben. Zudem gilt dies beim aktuellen Kurs von Erdogan als eher unwahrscheinlich, da es ihn gegenüber der Opposition politisch schwächen würde. Unabhängig von den wirtschaftspolitischen Entwicklungen lässt sich also nur festhalten, dass die kommenden Monate für die Türkei aller Voraussicht nach schwer werden. Was auf dem Weg dahin passieren wird, bleibt abzuwarten.

Über Nick David

Nick ist 23 Jahre alt und Redakteur bei E4SY. Aktuell studiert er dual Gesundheitsmanagement in Hamburg. Seine Freizeit verbringt er mit Kampfsport, Schwimmen, Klavier spielen, Hochschulpolitik und Gaming.

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