Das Trauerspiel von Kasan – Deutschland scheidet aus der Gruppenphase aus – WM 2018

Mit einem der schwächsten Spiele der deutschen Fußballhistorie geht „Die Mannschaft“ abermals in die Geschichte ein. Diesmal allerdings als das erste deutsche Team, das in der Gruppenphase rausgeflogen ist.

Es war vorauszusehen, dass es ein schwieriges Spiel werden würde. Die Koreaner mit einer bissigen Offensive und ihrem Star-Spieler Son, würden schnellere Angriffe durchbringen können, als die Schweden. Zudem machten sie schon im Aufbauspiel Druck. War noch vor dem Spiel die Euphorie da, so verflog sie schnell in der ersten Hälfte. Die Deutschen diesmal mit fünf Veränderungen: Özil und Khedira zurück in der Startaufstellung, Süle für den gesperrten Boateng, Goretzka statt dem glücklosen Müller und wieder Hummels, der sich erholt hatte.

Die erste Hälfte..

war ereignislos für die deutsche Mannschaft. Geprägt von einer Menge Herumrgepasse, aber nicht Durchgekomme und die Statistiken zeigten dasselbe, wie auch in jedem Spiel zuvor: 70% Ballbesitz, mindestens dreimal so viele Pässe gespielt wie die Gegner, aber trotzdem keine Chancen. Die Koreaner mauerten wie Donald Trump es gerne gesehen hätte, jedoch bedrängten sie die Deutschen schon in ihrer eigenen Hälfte und konnten mit nur 2 Torschüssen gefährlicher sein. Davon war einer der Freistoß in der 19. Minute, welchen Neuer nur abprallen ließ. Dieser rettete den Ball allerdings doch noch zur Ecke, bevor Son ihn hätte einlochen können. Ideenlos brachten die „Löwen“ den Ball nach vorne, spielten am Sechzehner herum, wieder zurück und schlussendlich zum Gegner, welcher sehr viel Körpereinsatz zeigte. Erstmals gefährlich wurden die deutschen Jungs erst in der 40. Minute, wo Hummels durch einen Kopfball den Torwart traf. Insgesamt war es eine sehr ernüchternde erste Halbzeit, in der Béla Réthy sogar zwischenzeitlich das Spielgeschehen als „wie in Zeitlupe“ bezeichnete.

Die zweite Hälfte…

fing stark an mit einem sehr gefährlichen Kopfball von Leon Goretzka, den aber der Keeper Cho mit einer Glanzparade abwehrte. Nur 2 Minuten später schoss dann Schweden das erste Tor gegen Mexiko. Der Druck auf die deutsche Elf wurde also massig erhöht. Um die 60. Minute herum kamen noch Gomez und Müller für Khedira und Goretzka, um das Offensivverhalten zu stärken. Dadurch gab es allerdings auch immer mehr Lücken, welche zu Kontermöglichkeiten führte, welche aber sehr souverän von Süle und Hummels geklärt worden sind. Gomez sorgte für zwei gefährliche Situationen, in denen er sogar ein Tor hätte erzielen können (71.), wenn er nicht unglücklich das Leder verfehlt hätte. Die deutsche Nationalelf blieb trotzdem erfolg- und torlos, weswegen Löw sich dazu überwandt, Julian Brandt für Hector zu bringen. Julian Brandt, der in den vorigen Spielen als kleiner Joker galt und frischen Wind bringen sollte, schaffte dies diesmal leider nicht. Die letzten kleineren Torchancen hatten Hummels und Kroos. In der ursprünglich 6-minütigen Nachspielzeit, welche durch ewiges Herumgejammere der Koreaner, weil sie vielleicht mal einen Ball an den Kopf bekommen haben, zogen sie der deutschen Elf mit einer Ecke einen Strich durch die Rechnung. Das ganze Spiel lang hätte nur ein Tor für die Deutschen fallen müssen, aber durch eine Chaosecke, welche nicht geklärt werden konnte und letztlich zum freistehenden Kim gelangte, lagen nun die Koreaner in Führung. Zunächst wurde das Tor aufgrund von Abseits abgepfiffen, aber durch den Videoassistenten doch als Tor gewertet, da Toni Kroos Kim angespielt hatte. Mit jedem Mann musste die offensivschwache deutsche Mannschaft nun nach vorne, was auch Manuel Neuer dazu trieb, mit ins Mittelfeld zu kommen. Sein Ballverlust brachte den Deutschen leider das 2:0 ein. Die Mannschaft hatte aber keine Chance mehr und beendet als Gruppenletzter die Vorrunde.

Spieler in der Einzelkritik

Unsere Nummer 1 Manuel Neuer hat alles gehalten was er hätte halten können (abgesehen von seinem Patzer anfangs). Sein Mittelfeldspiel in den letzten Minuten war fragwürdig, aber denkbar logisch. Deutschland war zu dem Zeitpunk sowieso raus und ob sie nun höher verlieren wäre irrelevant gewesen.

Die Außenverteidigung war defensiv solide, aber offensiv sehr schwach. Kimmich war körperlich den Koreanern unterlegen und konnte so keine einzige Flanke ohne Hinderung in den 16er bringen. Hector dagegen setzte sich manchmal durch, war aber eher eine leere Rückpassgelegenheit.

Die Innenverteidigung stand defensiv solide und war definitiv Men of the Match. Süle klärte jeden möglichen Konter der Koreaner und Hummels war nicht nur hinten am Aufräumen, sondern auch vorne am torgefährlichsten.

Kroos gab gut die Bälle ab, verteilte sie, konnte allerdings keine Akzente setzen, wenn es um den Start von großen Spielzügen ging. Dennoch startete er die meisten deutschen Angriffe und führte Standardsituationen souverän aus.

Semi Khedira und Mesut Özil waren eine fragwürdige Entscheidung des Bundestrainers. Waren sie gegen Schweden noch raus, so gab es sehr viel mehr Tempo im deutschen Team. Während Khedira es weder schaffte Bälle zu verteilen noch sie zu gewinnen, spielte er meist Rückpässe oder stand sinnlos in der Gegend rum. Özil dagegen versuchte den Ball um jeden Preis zu verteilen. Ich bin der Meinung, dass selbst wenn er vor einem Scheunentor stehen würde, ihn lieber zum Mitspieler abgeben würde. Er war eine Handbremse für die deutsche Offensive. Startete nichts, sondern passte immer und immer wieder. Das beste Beispiel war Kroos‘ Schuss in der 87. Minute, den er von Mesut Özil bekommen hatte. Während Özil frei stand und ihn mit seinem starken Fuß hätte verwandeln können, hat er ihn lieber zu Kroos abgegeben, der ihn dann mit dem schwachen Fuß und an zwei Mann vorbeizimmern sollte. Grandiose Aktion! Nicht.

Marco Reus, der gegen Mexiko und Schweden sehr aufgeblüht war, sorgte  in der ersten Hälfte für einige Angriffe, allerdings flachte dies mit der Zeit komplett ab.

Goretzka war vom Mittelfeld her am auffälligsten. Er drängte sich immer wieder an die Seite und flankte oder stand selber mal vor dem Tor.

Timo Werner spielte sein bisher stärkstes WM-Spiel. Er war überall vertreten, sowohl offensiv kämpfte er sich manchmal gegen die körperbetonten Koreaner durch, sorgte für Torchancen und hatte auch einige gefährlichere Torschüsse. Leider konnte er sich nicht ganz durchsetzen.

Die Einwechslungen Müller und Brandt konnten beide vor dem Tor nicht gefährlich werden und trugen auch nicht zum Spielaufbau bei. Gomez dagegen war noch vertreten und hatte einige gute Offensivchancen, welche er nicht nutzen konnte.

Fazit

Insgesamt sahen wir in dieser WM eine sehr ausdrucksschwache, schlecht koordinierte, nicht eingespielte und arrogante deutsche Mannschaft. Sie hatte keine großartigen Ideen in der Offensive. Waren es mal die Standardsituationen, so wurde fast jede Ecke nutzlos gemacht durch eine schnelle Ausführung und nur ein Freistoß von Kroos konnte überzeugen (weil der endlich mal direkt aufs Tor ging). Die Angriffe waren schlecht durchdacht und teilweise gebremst, die Konter in Zeitlupe und die Team-Chemie = 0. Jogi Löw experimentierte im Kader herum, wodurch immer mehr Verwirrung herrschte, pokerte mit Einwechslungen und hoffte stets auf ein Wunder, anstatt die solide Schweden-Elf aufzustellen. Die Defensive ausgenommen, denn die war sicher. Anstelle einer früheren Einwechslung von Brandt durften KeintÖrzil und Stehtsnichtda spielen und statt Müller Raum zu geben in der Mitte sollte er lieber an der Seite von Kimmich verdrängt und schlussendlich gar nicht aufgestellt werden. Werner durfte seine Schnelligkeit nicht ausnutzen und sollte lieber Kopfbälle erreichen, was Gomez wohl innerliche Schmerzen bereitete. Es gibt also etliche Punkte bei denen man ansetzen könnte. Der Trainerstab hat sich lieber darauf fokussiert keine Fehler mehr zu machen und kein Tor zu kassieren, anstatt mal vor dem gegnerischen Tor gefährlich zu werden. So wurde jedes Spiel zu einem Grottenkick einer versuchten Tiki-Taka-Kopie ohne den richtigen Stardribbler, der Mauern überwinden könnte. Etwas, was Deutschland noch nie stand. Hoffentlich tut sich was, wenn nicht in der Aufstellung und der durch Mauern ausgekonterte 4-2-3-1 Strategie, dann doch bitte in der Meta-Ebene.

Über Stefan Gunawan

Stefan ist 23 Jahre alt und ein Redakteur bei E4SY: Er studiert im Moment Medizin. Seine Freizeit verbringt er gerne mit Bouldern, Klavier/Gitarre spielen und Gaming.

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